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Das Doppelgänger-PhänomenKates britisches Lookalike, das Business und die Forschung

Die oft gebuchte Kate-Lookalike Heidi Agan wurde in den letzten Tagen selbst von der «New York Times» interviewt.

Nein, sie, Heidi Agan, war nicht auf dem Hofladen in Windsor. Das hat Agan immer wieder öffentlich bekräftigt und zugleich betont, sie sei fest davon überzeugt, auf dem Video des Shopbesuchs sei Kate Middleton zu sehen – und nicht eine von Agans rund 130 Kolleginnen, die sich gleichfalls als Kate-Lookalike vermarkten. Sie selbst sei ohnehin über hundert Kilometer von Windsor entfernt gewesen zur fraglichen Zeit, Zeugen vorhanden. Nichts wolle sie weniger sein als Teil einer derartigen Verschwörungstheorie (laut der es kein echtes Lebenszeichen von Kate mehr gibt), unterstreicht sie auch in der «New York Times».

Solche Beteuerungen nützen allerdings nur begrenzt, wie Verschwörungsmythen-Expertin Katharina Nocun im Gespräch mit dieser Redaktion festhält: «Im Extremfall wird jeder Gegenbeweis zum Beweis einer angeblichen Verschwörung verdreht.» Inzwischen wird selbst das Video der BBC hinterfragt, in dem die Prinzessin von Wales ihre Krebserkrankung bekannt gibt. Der Hashtag #KateGate, unter dem Spekulationen wucherten, entstand in der Folge der Debatte um das manipulierte Muttertagsfoto von Kate und ihren Kindern – und er trendete auch nach dem BBC-Video noch. Um hier gegenzusteuern, haben die BBC Studios vor kurzem in einem Statement die Echtheit des Videos bestätigt.

Agan konnte vom Lookalike-Job leben

Doch selbst in der Zeit, als heftig über Kate Middletons Abwesenheit gewerweisst wurde, war die Nachfrage bei der bekanntesten der britischen Kate-Lookalikes gross: Agan wunderte sich, wie sie zu Protokoll gab, dass das Interesse an Buchungen ihrer Person seit dem Abtauchen der Prinzessin sogar angestiegen sei. Das sei untypisch und sehr seltsam, sagte Agan damals in den Medien; die Schwangerschaften Kates etwa hätten eher zu einer Flaute geführt. Worin besteht das seit längerem bereits intensive Interesse an menschlichen Fakes beziehungsweise Doppelgängern, das auch zur Entwicklung entsprechender Apps geführt hat?

Der royale Lookalike-Clan.

So verdiente Heidi Agan von 2012 bis zur Pandemie ihren Lebensunterhalt zu 100 Prozent als Kate-Lookalike, zierte Firmenanlässe, private Partys oder wurde für Werbung gebucht, oft zusammen mit einem William-Lookalike oder auch mit einem ganzen Doppelgänger-Familienclan. Die heute 43-jährige Royal-Darstellerin hatte einst als Kellnerin gearbeitet und wurde dabei immer wieder auf ihre Ähnlichkeit mit Kate Middleton angesprochen. Schliesslich schickte sie ihr Foto an ein paar Agenturen, hatte stante pede ihren ersten Job als Lookalike in der Tasche und kündigte im Restaurant.

Man sei eine zusammengeschweisste Gemeinschaft von königlichen Lookalikes geworden, schwärmte Agan im «Businessinsider»: Es sei ein Verlust, dass nach dem Tod der Queen die Doppelgänger-Queen nicht mehr mit von der Partie sei. Agan empfindet ihren Job als Wahnsinnsgeschenk, obwohl es zu teils schlimmen Anfeindungen auf Social Media und unangenehmen Begegnungen auf der Strasse komme. Das gehöre eben dazu.

«‹Daniel Craig› als Gast bei Ihrer Party!»

Auch Daniel Craigs «Number 1»-Lookalike Steve Wright beispielsweise vermarktet seine Optik enthusiastisch und offenbar erfolgreich mit Auftritten an Firmenevents von Coca-Cola bis Sony, an Geburtstagen, Hochzeiten, als Host. Die Schweiz wiederum hat ihren eigenen James Bond: «‹Daniel Craig› als Gast bei Ihrer Party!», Videobotschaften, Moderationen und dergleichen offeriert der Kreuzlinger Martin Langanke.

Martin Langanke als Daniel Craigs James Bond.

Grosse Ähnlichkeit ist ein Faszinosum, dem sich auch die Wissenschaft annimmt. Schon vor acht Jahren erklärte der renommierte Londoner Zwillingsforscher Tim Spector im Dokfilm «Finding My Twin Stranger», dass es neben nur oberflächlich ähnlichen Menschen, deren scheinbare Ähnlichkeit eine genauere optische Analyse rasch widerlegt, tatsächlich zwillingsähnliche Fremde gibt. Ganz selten kommen sogar ultra-ähnliche Paare vor, deren Speichel-Gentests kaum voneinander abweichen.

Ein Doppelgängerpaar aus der Forschung von Manel Esteller, das vom kanadischen Fotografen François Brunelle abgelichtet wurde.

2022 belegte auch der Direktor des Leukämie-Forschungsinstituts von Barcelona, Manel Esteller, in einer Studie, die hohe Wellen schlug, dass Menschen, die einander wirklich ähnlich sehen, auch über ein unwahrscheinlich ähnliches Genom verfügen, sogar Verhaltensähnlichkeiten aufweisen – selbst wenn sie nicht verwandt und zudem epigenetisch deutlich unterschiedlich sind und überhaupt einen sehr verschiedenen Hintergrund haben. «Es gibt so viele Menschen auf der Welt, dass sich das System wiederholt», wird Esteller in der «New York Times» zitiert.

Er hofft, dass durch den Link zwischen optischer Ähnlichkeit und Genom irgendwann auch eine verbesserte Krankheitsprävention möglich wird, weil dann von der Optik auf Veranlagungen geschlossen werden kann. Ausserdem vereinfache sich eventuell sogar die Verbrechensaufklärung – durch exaktere Phantombilder bei vorliegender DNA.

Bisher bleibt das Phänomen aber vornehmlich eine Laune der Natur, die manchen wie Heidi Agan eine Art Schauspielerjob verschafft und anderen ein florierendes Geschäft mit Apps, die ihren Kunden versprechen, den eigenen unbekannten Zwilling zu finden – oder jene Celebrity, der man angeblich so ähnlich sieht, dass man als Lookalike durchgehen könnte.