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Aggressionen bei PrimatenWas sich der Mensch von Bonobos abschauen könnte

Unter Bonobos haben die Weibchen das Sagen.

Der Mensch neigt zu Extremen: Kein anderes Tier ist so brutal und grausam. Andererseits kann auch keines so mitfühlend, selbstlos und kooperativ sein. Diese beiden widersprüchlichen Seiten der menschlichen Natur scheinen sich in den beiden nächsten Verwandten des Menschen, dem Schimpansen (Pan troglodytes) und dem Bonobo (Pan paniscus), wiederzufinden.

Schimpansen repräsentieren dabei die dunkle Mister-Hyde-Seite des Menschen: Sie bringen sich gegenseitig um, Kindstötungen wurden ebenso beobachtet wie Gruppenvergewaltigungen, bei denen mehrere Männchen ein Weibchen zum Sex zwingen. Ausserdem sind Schimpansen-Clans, die von männlichen Tieren dominiert werden, fremdenfeindlich und führen regelrechte Kriege gegen andere Gruppen.

Bonobos, die sich äusserlich von Schimpansen unter anderem durch ihre rosa Lippen und längeren Beine unterscheiden, leben dagegen in friedlichen Gesellschaften zusammen, in denen die Weibchen das Sagen haben. Nach dem Motto «Make Love, Not War» bauen sie Aggressionen und Spannungen häufig durch Sex ab, wobei das Geschlecht keine Rolle spielt. Treffen sie im Regenwald fremde Bonobos, gehen sie ein Stückchen gemeinsam, lassen sich zusammen zum Fressen nieder und trennen sich dann wieder einvernehmlich.

Auch Bonobos schlagen, schubsen, beissen

Was nicht heisst, dass Bonobos keine Aggressionen hätten, wie eine aktuelle Studie zeigt, die gerade im Wissenschaftsjournal «Current Biology» erschienen ist. Ein Team um die Anthropologin Maud Mouginot von der Boston University beschreibt darin, dass männliche Bonobos Artgenossen sogar dreimal so oft schlagen, schubsen oder beissen wie männliche Schimpansen.

Doch Bonobos gehen mit ihren Aggressionen anders um und setzen sie auch anders ein. Unter anderem beobachteten die Forschenden, dass sich die Aggression männlicher Bonobos fast ausschliesslich gegen andere Männchen richtet. Männliche Schimpansen attackieren dagegen häufig Weibchen. Ausserdem scheinen die Rangeleien unter Bonobos harmloser zu sein; zumindest wurde – anders als unter Schimpansen – noch nie beobachtet, dass ein Affe dabei getötet wurde.

Das alles herauszufinden, muss für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Maud Mouginot unfassbar mühsam gewesen sein. Bonobos leben ausschliesslich in einem dichten Urwaldgebiet in der Demokratischen Republik Kongo, wo sie schwierig aufzuspüren und noch schwieriger zu beobachten sind. Für ihre Untersuchung mussten sich die Forschenden im Dunkeln durch den Urwald zu den Schlafnestern der Bonobos tasten, die die Primaten in den Urwaldbäumen bauen. «Man muss zu ihren Nestern gehen und warten, bis sie aufwachen, und ihnen dann den ganzen Tag folgen – vom Moment, in dem sie aufwachen, bis zu dem Moment, in dem sie abends schlafen gehen – und alles aufzeichnen, was sie tun», sagt Mouginot nach einer Pressemitteilung des Verlags, in dem die Studie erschienen ist.

Auf diese Weise sammelte ihr Team Daten von zwölf Bonobos im Kokolopori-Bonobo-Reservat in der Demokratischen Republik Kongo und von 14 Schimpansen im Gombe-Nationalpark in Tansania.

Dass dabei herauskam, dass sich die Bonobo-Männchen öfter hauen und schubsen als Schimpansen, «widerspricht nicht der Vorstellung vom friedlichen Bonobo», sagt Mouginot. Vielmehr scheint es so zu sein, dass sich die Bonobos das Gerangel eher leisten können, weil sie wissen, dass es nicht in tödliche Gewalt ausartet und eigentlich nichts bedeutet. Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn Menschen ihre Aggressionen genauso gut unter Kontrolle hätten.