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Kolumne «Schweizer Herzfrequenzen»Wie durchtrieben und hinterlistig bin ich?

Er intrigiert in aller Öffentlichkeit: Donald Trump.

Hand aufs Herz: Folgen Sie immer moralischen Grundsätzen? Oder heiligt bei Ihnen vielmehr der Zweck stets die Mittel? Sind Sie immer grundanständig, rechtschaffen und aufrichtig? Oder neigen Sie hin und wieder zu Hinterlist und Intrige, um Erfolge zu verbuchen und gesteckte Ziele zu erreichen? Mal absichtlich etwas verschweigen, mal gezielt etwas streuen? Wie sehen Sie das? Und was glauben Sie, wie verbreitet ein solches Verhalten in der Schweiz ist?

Wenn wir über unsere Neigung zur Durchtriebenheit spekulieren, kommen wir unweigerlich auf den Wesenszug des Machiavellismus zu sprechen, der neben anderen negativen Eigenschaften wie Narzissmus und Psychopathie die Schattenseiten unserer Persönlichkeit abdeckt. Dieses düstere Charaktermerkmal gehört zu den Merkmalen der sogenannten «Dunklen Triade» und verdankt seinen Namen dem politischen Denker Niccolò di Bernardo dei Machiavelli (1469-1527).

Vor rund 500 Jahren erteilte der Florentiner in seiner berühmten Staatslehre tugendhaften Prinzipien eine Absage und orientierte sich stattdessen an einem morallosen Sittenbild: Da der Mensch von Natur aus nur sein eigenes Fortkommen im Auge hat, überall seinen Vorteil sucht und dabei rachgierig und ungerecht ist, scheitern früher oder später alle, die sich anständigen Grundregeln unterwerfen. Vielmehr gelte es, günstige Gelegenheiten zu nutzen, List und Lüge anzuwenden und «in der Verstellung und Falschheit ein Meister» zu sein.

60 Prozent behalten ihre Geheimnisse für sich

Machiavellistinnen und Machiavellisten ziehen im Hintergrund Drähte, Fäden, und Strippen für den eigenen Erfolg, sind hochgradig strategisch, manipulativ, gefühllos und misstrauisch gegenüber Freund und Feind. Gleichzeitig gelten solche Tunichtgute aber auch als schlau und über die Massen auf ihre eigene Reputation bedacht. Ursprünglich von Machiavelli für das Agieren in der Welt der Politik konzipiert, hinterlassen die nach ihm benannten Eigenschaften auch im Arbeitsumfeld ihre Spuren: Studien zufolge können machiavellistische Charakterzüge mitunter dabei helfen, Führungspositionen zu erklimmen und die Zufriedenheit mit der beruflichen Laufbahn zu steigern.

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Eigenen Umfragen zufolge halten es hierzulande immerhin rund 60 Prozent der Bevölkerung nicht für ratsam, anderen ihre Geheimnisse zu erzählen. Zudem bekennen an die 40 Prozent, dass sie bestimmte Dinge vor anderen geheim halten, um ihren Ruf zu schützen.

Im Vergleich zur Schweiz sind diese Charaktereigenschaften in Italien, Frankreich und vor allem in Grossbritannien noch deutlich stärker verbreitet. Sie finden sich bei der hiesigen Bevölkerung zudem eher bei den Introvertierten und emotional Instabilen. Ferner zeigt sich hier wie in anderen Ländern Europas: Je stärker sich die Menschen im rechten Politspektrum verorten, desto wahrscheinlicher trägt ihr Denken und Handeln machiavellistische Züge.

Wenn Sie sich jetzt nicht mehr ganz sicher sind, wie sehr Sie zu Hinterlist und Täuschung neigen, fragen Sie sich doch einmal, wie oft Sie Ihre wahren Absichten für sich behalten und wie oft Sie anderen Honig um den Mund schmieren, um sich Vorteile zu verschaffen. Wie häufig Sie Informationen zurückhalten, die später gegen andere verwendet werden können. Oder wie oft Sie Konflikten mit Ihren Mitmenschen aus dem Weg gehen. Einfach aus der Überlegung heraus, dass sie Ihnen in der Zukunft noch nützlich sein könnten. Wenn das alles bei Ihnen an der Tagesordnung ist, dann kommen Sie wahrscheinlich nicht in den Himmel, ansonsten aber – zum Leidwesen vieler – ziemlich sicher überall hin.

Markus Freitag ist ordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Universität Bern. Er präsentiert jeden zweiten Freitag Gedanken, Daten und Fakten zu Schweizer Befindlichkeiten.