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Zeit für eine Beziehungspause?Ich liebe dich, aber ich will dich ein paar Wochen nicht sehen

Hinweis: Dieser Artikel erschien erstmals am 25. Februar 2024 und wurde für unseren Schwerpunkt zu Trennungen aktualisiert.

Persönliches Wachstum verfolgen, bevor man in die Beziehung zurückkehrt: Zum Beispiel, indem man mal allein verreist.

Der Trend

Es gibt ein prominentes Beispiel für eine Eheauszeit: Der kontroverse britische TV-Moderator Piers Morgan und dessen Frau Celia Walden hatten sich 2022 für 42 Tage getrennt. Zeitlich limitiert und «ohne, dass etwas falsch gelaufen sei in der Beziehung», wie sie verlauten liessen.

In einem Artikel für den «Telegraph» bilanzierte Walden, die Auszeit habe Wunder bewirkt. Es sei wie mit Computern – manchmal müsse man einfach alles runterfahren und neu starten.

Beziehungs-Sabbaticals sind im Kommen. Die Expertinnen der Lovehoney Group, dem weltweit grössten Vertrieb von Sextoys, halten im «Sex Trend Report 2024» fest: «Viele Menschen werden kurze Pausen von festen Beziehungen einlegen, um persönliche Ziele und Wachstum zu verfolgen, bevor sie in die Partnerschaft zurückkehren.»

Dazu passt, dass das «Wall Street Journal» Anfang Jahr berichtete, dass gerade Frauen im Pensionsalter bevorzugt allein verreisen würden und dass dies «der Trick für eine tolle Ehe» sei. Booking.com stützt das in einer eigenen Erhebung: «Das Alleinreisen boomt.» Zwei Drittel der Befragten planen 2024 Ferien allein. Und dabei sind explizit auch Personen gemeint, die sich dafür entscheiden, getrennt von ihren Partnerinnen und Partnern oder der Familie unterwegs zu sein. «Selbstfindung», heisst das dann.

Vorbereitung ist alles

Trennung auf Zeit also. Eine gute Idee?

«Ich habe da Fragezeichen», sagt Inma Vidal von Paarberatung und Mediation im Kanton Zürich. Sie beobachte grundsätzlich, dass gerade jüngere Paare – «grob von Mitte 20 bis Mitte 30» – experimentierfreudiger seien. Sie würden ihre Beziehungen auch mal sexuell öffnen, polyamore Konstellationen ausprobieren, als Familie verteilt auf zwei Wohnungen leben.

Kurz: Althergebrachte Beziehungsmuster brechen.

In diese Kategorie gehört für Vidal auch der Wunsch nach einem Sabbatical. Entscheidend sei dabei, dass man sich fragt, was wirklich das Motiv für die zeitweilige Trennung ist. «Wer eine Pause anstösst, muss ganz ehrlich zu sich selbst sein. Gehts mir um Sex mit anderen? Oder ist es eine Trennung auf Raten, weil man sich allenfalls vor einem definitiven Schritt scheut?» Es müsse klar benannt werden, was man sich wünscht. Und: «Es bringt nichts, etwas zu beschönigen», sagt Vidal.

Eine geplante Auszeit muss gut vorbereitet sein. Vidal rät, dass man aufschreibt, was man gemeinsam beschliesst, vielleicht sogar mit Unterstützung einer Fachperson. Es gilt Fragen zu klären, wie: «Meinen wir beide das Gleiche? Setzen wir uns eine Zeitlimite, ein paar Tage, ein paar Wochen? Bleiben wir in Kontakt, und wenn ja, wie? Soll man die Zeit möglichst für sich verbringen? Wo wohnt man? Ist Sex mit anderen okay?» Zudem brauche es einen Plan für den Fall, dass es jemandem nicht mehr gut geht damit.

Es gibt Anzeichen dafür, dass eine Beziehungspause sinnvoll sein könnte. Wenn jemand oder beide in der Partnerschaft den Eindruck haben, sie bräuchten mehr Raum für sich, und es ihnen schwerfällt, diesen innerhalb der Beziehung zu gestalten. «Dann wäre sicher ein guter Zeitpunkt, das Gespräch zu suchen.» Eine Auszeit sei aber nur eine von mehreren Möglichkeiten, damit umzugehen, sagt Vidal. Individuelle Freiräume können auch regelmässig im Alltag eingeplant werden (ans Ende scrollen für Tipps).

Wo es gefährlich werden kann

«Eine Beziehung lebt von Pflege. Die Verbindung wird in der Regel nicht besser, wenn man sich voneinander entfernt», sagt die Paarberaterin.

Damit eine Pause ein Paar weiterbringt, müsse sie ein gemeinsamer Prozess sein, sagt Vidal. Sie soll den Einzelpersonen guttun, aber eben auch dem Paar. Sprich: Alle Involvierten müssen das Sabbatical wollen. «In Beziehungen ist häufig eine Person die treibende Kraft. Es kann sein, dass jemand das ausgeprägtere Bedürfnis nach Abstand hat – und die andere Person läuft mit. Sie lässt sich auf etwas ein, das womöglich gar nicht dem eigenen Bedürfnis entspricht, aus Angst, der Beziehung sonst zu schaden.»

Eine der grossen Herausforderungen in Partnerschaften sei, mit sich selbst in Kontakt zu bleiben, aber auch mit dem Gegenüber, sagt Vidal. «Die meisten können das eine oder das andere besser.»

Gefährlich werden Beziehungspausen, wenn man versuche, einem Problem auszuweichen. Ein Sabbatical ist nicht das Richtige, wenn die Beziehung ohnehin angeknackst ist. «Eine Beziehung lebt von Pflege. Die Verbindung wird in der Regel nicht besser, wenn man sich voneinander entfernt.»

Fazit

Dass sich Paare für eine Weile bewusst voneinander abkapseln, ist keine neue Erscheinung. Schon im Mittelalter wurden insbesondere in der gehobenen Schicht ganz offiziell Pausen eingelegt, wie Cheryl Javis im Buch «The Marriage Sabbatical» von 2016 schreibt. Es gibt auch die amerikanische Tradition, dass sich Ehefrauen aus privilegiertem Haus im Sommer für eine Weile aufs Land verziehen. Javis sieht Pausen in langjährigen Beziehungen als «Versprechen, nicht als Krankheitssymptom».

Der neue Aspekt ist nun, dass man sich eine Auszeit nimmt, um eigene Bedürfnisse zu priorisieren, sagt Paarberaterin Inma Vidal, «zugunsten einer individuellen, psychosozialen Entwicklung». Diese «Sabbaticals» passen in den Megatrend der Selbstfürsorge, der die psychische Gesundheit und das eigene Wohlbefinden zur Bedingung eines guten Lebens macht. Ich kümmere mich zuerst einmal um mich, dann wird alles andere auch, so die Prämisse.

Nun ist es für Beziehungen essenziell, zu sich selbst zu schauen. «Aber ich denke nicht, dass man dafür die Beziehung verlassen muss», sagt Paarberaterin Vidal.

Pausen seien wichtig in allem, was uns anstrengt. Auch Beziehungen können anstrengend sein – aber sie sollten uns auch Energie geben. Wenn jemand für sich allein einen Sprachaufenthalt machen oder den Jakobsweg abwandern wolle, sei das Selbstfürsorge. «Ich nehme mir Raum, aber ich verlasse die Beziehung nicht.»

Aber: «Die Maxime darf nicht sein: ‹Es muss vor allem mir guttun.› Man darf Selbstfürsorge in der Beziehung nicht mit einem Egotrip verwechseln.»

So schaffen Sie Freiraum: 6 Tipps

1. Paarzeit bewusst planen

In vielen Beziehungen läuft die Paarzeit nebenher, man ist ständig zusammen. Wer die Zeit zu zweit aktiver gestaltet, schafft damit automatisch auch Freiraum für individuelle Unternehmungen, sagt Paarberaterin Vidal. Es gehe darum, sich bewusst auf Paarzeit einzulassen, und damit auch für Zeit getrennt.

2. Regelmässige Solo-Abende

Wichtig ist, dass Auszeiten regelmässig geschehen. «Alle drei Jahre mal für eine Woche zu verreisen bringt keine Entlastung im Alltag», sagt Vidal. So könne man zum Beispiel einen Abend pro Woche vereinbaren, an dem jede und jeder für sich etwas macht, bei Eltern müssen es natürlich unterschiedliche Abende sein. «Wenn die fix eingeplant sind, braucht es auch keine Rücksprache mehr, man kann frei über den Abend verfügen.»

3. Eigene Projekte

Nehmen Sie sich Raum für Dinge, die Sie für sich machen. Das können Hobbys wie Musik oder Sport sein, aber auch ein Projekt, das man für eine Weile verfolgt, etwa gemeinnützige Arbeit, ein Möbelstück bauen oder ein Buch schreiben. 

4. Zeitinseln kommunizieren

Als Paar müsse man aushandeln, in welchem Rahmen die Auszeiten stattfinden. Wie oft, wie lange? Auch spontan kann es sinnvoll sein, einen Zeithorizont abzustecken, indem man sagt: «Ich ziehe mich für eine Stunde zurück». Das sei besser als physisch präsent, aber emotional abwesend zu sein.

5. Getrennte Zimmer

Für Vidal haben eigene Zimmer bei Paaren zu unrecht einen schlechten Ruf. «Sie schaffen die Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Aber auch sich bewusst zu begegnen, indem man zum Beispiel entscheidet, wo man schläft.» Wenn eigene Zimmer nicht möglich sind, könne man sich auch in einem Raum getrennte Ecken einrichten, wo jede und jeder für sich sein kann.

6. Längere Auszeiten

«Es tut gut, regelmässig ohne Partnerin oder Partner zu verreisen», sagt Vidal. Das könne ein Wochenende im Hotel, ein Wellness- oder Bike-Trip mit Freundinnen oder auch mal mehrere Wochen Aufenthalt im Ausland sein. Für Vidal ist klar: «Die gemeinsame Zeit als Paar profitiert davon, wenn man auch alleine etwas erlebt und unternimmt.»