Nein, der Webflaneur hat nichts Lustiges gesagt. Sein Satz war weder überraschend noch zweideutig. Trotzdem prustete die Runde los, wie auf Kommando. Der Webflaneur begreift erst nach und nach: Es war das eine Wort. Er hätte es nicht benutzen dürfen, nicht hier, nicht heute. Das Wort war: Blumenkübel.
Bis er das begriff, brauchte es einige Erklärungen. Diese kamen vom Kollegen vis-à-vis: Als die Lachwelle verebbt war, fragte er den ganz perplexen Webflaneur: «Hast du die Sache mit dem Blumenkübel auf Twitter nicht mitbekommen?» – «Welcher Kübel?», fragte dieser. Er habe sich in den zwei letzten Tagen abgeschottet, die Arbeit habe gedrängt. Dann brauche er ein Update, sagte der Kollege.
Also: Vor einem Altersheim in Neuenkirchen in Deutschland sei in der Nacht – wohl bei einem Saubannerzug – ein Blumentopf in die Brüche gegangen. Eine Praktikantin der «Münsterschen Zeitung» habe eine Meldung dazu verfasst. Tags darauf sei plötzlich der #Blumenkübel-Sturm durch Twitter gefegt: Die Kunde vom Kübel verbreite sich rasant. Bald schon in abenteuerlichen Variationen: Eine Beteiligung der Al-Qaida könne nicht ausgeschlossen werden, habe einer geschrieben. BP habe das Ölleck mit einem Blumenkübel abgedichtet, habe ein anderer kolportiert. Und ein weiterer habe SPD-Chef Brandt zitiert: «Jetzt muss zusammenwachsen, was zusammengehört.» Bald darauf seien auf Youtube die ersten Videos aufgetaucht: eine dramatisierte Blumenkübel-Lesung etwa, ein «Bekennervideo» der Vandalen und – wie seit dem «Maschendrahtzaun» und «Coup de Boule» üblich – gleich ein Lied dazu. «Das alles hast du in zwei Tagen Netzabstinenz verpasst!»
«Henusode», sagt der Webflaneur. Nun müsse er aber gehen. Er wolle wirklich noch in seinen Terrassengarten – ja, wegen des umgefallen Kübels. Zum Abschied sagt er mit theatralisch erhobenem Zeigefinger: «Wenn ihr mich das nächste Mal so auslacht, dann vertopfe ich euch.»