
Macht sich für die Kandidatur der USA im Verbund mit Kanada und Mexiko stark und droht den Verbänden, die sie nicht unterstützen wollen: US-Präsident Donald Trump. (AP Photo/Carolyn Kaster)
US-Präsident Donald Trumps Twitter-Mitteilungen werden dereinst in die Geschichte eingehen. Trump schiesst oft schneller, als er denkt, aber seine Botschaften sind zwischendurch erfrischend direkt und undiplomatisch. So bezeichnet er etwa Syriens Diktator Baschar al-Assad als «Tier» und nennt auch in anderen Bereichen Ross und Reiter beim Namen, anstatt sich hinter schwammigem Geschwurbel zu verstecken.
Mittlerweile twittert Donald Trump präsidial auch zum Thema Fussball, genauer zur Vergabe der WM-Endrunde 2026. Für diese sehen sich die Vereinigten Staaten im Verbund mit Kanada und Mexiko als bestens geeignete Kandidatin, auch wenn schon lange vor dem Jahr 2026 an der Grenze zu den Fussballfreunden in Mexiko eine Mauer stehen soll. Offensichtlich ist bis zu Trump vorgedrungen, dass die Kandidatur Marokkos allein schon aus politischen Gründen in der Kampfwahl vom 12. und 13. Juni in Moskau mit guten Chancen antritt. Vor diesem Duell ist Fussballkenner Donald Trump gleicher Meinung wie Fifa-Präsident Gianni Infantino: die USA und ihre Nachbarn sind für eine teure WM-Endrunde besser geeignet als Marokko, ein armes Land, das von Trump in seinem legendären Dreckloch-Staaten-Tweet sicher auch mitgemeint war.
Der Sport ist politisch geworden
Trump lobt nicht nur die Bewerbung der Amerikaner, er droht zugleich jenen Staaten, deren Verbände diese Kandidatur nicht unterstützen, mit Rache. «Warum sollen wir jene Länder unterstützen, die uns nicht unterstützen?», fragt der blonde Mann im Weissen Haus, und bezieht die UNO gleich auch mit ein. Es wäre ein «Schande», wenn jene Länder, die sonst auf die Hilfe der USA zählen, sich gegen deren Kandidatur richten würden.
The U.S. has put together a STRONG bid w/ Canada & Mexico for the 2026 World Cup. It would be a shame if countries that we always support were to lobby against the U.S. bid. Why should we be supporting these countries when they don’t support us (including at the United Nations)?
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 26. April 2018
Trumps Überlegung mag sehr simpe klingen, aber grundsätzlich falsch ist sie deswegen nicht. Dass Länder, die am Tropf der USA hängen, sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu einem Ja für die WM-Bewerbung Nordamerikas durchringen werden, könnte ein kurzsichtiges Verhalten sein. Trump ist einer jener Politiker, der sich sichtbar für sein Land einsetzt. Dass dies möglicherweise im Fussball völlig unerwartete Folgen haben könnte, zeigt nur, wie politisch der Sport geworden ist.
Offene Fragen vor der Abstimmung
Und nun wird das Thema interessant: Gibt es in Moskau eine elektronische oder papierene Abstimmung? Wird sie offen oder geheim sein, wird nur das Gesamtergebnis publiziert oder das Stimmverhalten eines jeden Verbandes? Eine elektronische Abstimmung birgt Risiken, da eine Nachzählung von Stimmzetteln nicht möglich ist und echte oder beabsichtigte Pannen nicht ausgeschlossen werden können. Und um die Frage der offenen oder geheimen Stimmabgabe wurde in den vergangenen Monaten hinter den Kulissen heftig gerungen. Ob juristisch bindende Versprechen vorliegen, ist unklar. Es dürfte letztlich im Machtbereich von Fifa-Präsident Gianni Infantino liegen, in diesen Fragen den Kongress am Wahltag mit einem Entscheid zu überrumpeln.
Jedenfalls geben Donald Trumps Drohungen der Wahl durch den Fifa-Kongress eine neue, ungeahnte politische Dimension. Die Beschaffung der Stimmen und deren Abgabe dürften mehr Spannung erzeugen als manches der 64 WM-Spiele.