
James und Bale mit Drachen auf der Brust: Yohji Yamamoto (l.) designte das dritte Trikot der laufenden Saison für Real Madrid. Bild über: idfootballdesk.com
Es gab mal Zeiten, da waren die Vereinsfarben heilig, unverhandelbar. Da reichte ein Blick auf den Bildschirm, um sich der Begegnung gewahr zu werden, die da gerade gegeben wurde. Nun schaut man oft zwei-, dreimal hin. Und nicht selten wundert man sich über die Farben, die einem da aufgedrängt, ja regelrecht um die Augen geknallt werden. Rosa. Pink. Gold. Manchmal sind die Farben auch noch fluoreszierend. Für Puristen ist es ein Graus, ganz zu schweigen von den Nostalgikern unter uns. Wer hätte gedacht, dass uns der Fussball einmal modischen Schwankungen aussetzen würde.
Die Spieler von Real Madrid zum Beispiel, auch als «Los blancos» bekannt, weil ihre Glorie eben immer weiss erstrahlen soll, treten des Öfteren in Grün oder in Fuchsia auf – selbst dann, wenn man sie auch ohne farblichen Akzent leicht vom Gegner unterscheiden könnte.
In der Champions League gegen den bulgarischen Verein PFC Ludogorez soll nun Reals neuste vestimentäre Kreation zur Uraufführung kommen, eine wahre Extravaganz, um nicht zu sagen: eine ästhetische Grobfahrlässigkeit, die wahrscheinlich mehr zu reden geben wird als die sportliche Affiche an sich. Ein japanischer Designer, dessen Name man womöglich kennen sollte, zeichnete zwei silberne Drachen auf schwarzen Grund – einen Königsdrachen, der «Ruhm, Ehre und Triumph» symbolisiere, und einen Drachenvogel mit Flügeln, der für «Agilität, Geschick und Überwindungskraft» stehe.
Nun ja, bei allen hübschen Kategorien und Tugenden, die da bemüht werden: Es sieht einfach nur schrecklich aus. Einige Spieler tragen das Motiv mit den ineinander verschränkten Drachen jetzt offenbar auch auf ihren Schuhen. Karim Benzema etwa.
Natürlich kommt diese modische Vereinnahmung der Fussballleibchen nicht zufällig. Sie folgt den Gesetzen des immer lukrativeren Geschäfts mit Gadgets und Accessoires der Clubs – dem Merchandising. Spaniens Grossvereine, die das Business mit besonderer Hingabe pflegen, räumen ein, sie würden dank ihren fantasievolleren 2., 3., 4. Ausstattungen viel mehr Trikots verkaufen als bisher schon. Gewachsen ist vor allem die weibliche Kundschaft. Früher war es ja mal so, dass die Damen im Stadion die viel zu grossen, formlosen Shirts ihrer Männer trugen, wenn ihnen der Sinn denn ums Tragen der eingeheirateten Vereinsfarben stand. Nun sieht man sie auch in fein taillierten, super-slim-fitten Auswärtstrikots in Rosa, Pink, Gold. Wahrscheinlich wird bald auch das schwarze Dress der «Blancos» mit den Drachen zum Verkaufsschlager. Die Spieler dienen da als Posterboys, als Mannequins für die neue Ware.
Genaue Zahlen des Phänomens nennen weder Nike, Adidas noch Puma, doch alle dringen mächtig in die Nische vor. Offenbar ist es so, dass sowohl bei Real wie bei Barça die grellen Versionen überdurchschnittlich gut laufen, besser als die traditionellen Farben. In Madrid wurden im Sommer gar viermal mehr Shirts in Fuchsia verkauft als weisse. In Barcelona läuft das Leibchen mit den roten und gelben Streifen, den Farben Kataloniens, besser als jenes mit Barças roten und blauen Streifen. Bei Männern und bei Frauen. Doch das ist eine andere Geschichte – eine politische.
Früher, da war alles einfacher, da waren die Farben heilig, unverhandelbar.
Ganz zu schweigen von Liverpool in hässlichem Gelb, Juve in Shrek-Grün, Galatasaray in hochpeinlichem Pink, Inter in Pijiama-Blau.