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Mamablog: Schreiben über Mutterschaft Mein Leben als Mamabloggerin

Schreiben war für unsere Autorin ein Rettungsanker: Auf ihrem Blog rabenmutter.ch, schrieb sie regelmässig über die Herausforderungen von Elternschaft.

Es gibt Momente, in denen mir mein Alter mit voller Wucht ins Gesicht schlägt. Mein 50. Geburtstag war so ein Moment. Und nun, da ich meinen letzten Mamablog nach 20 Jahren schreibe – fühle ich mich ebenfalls alt. Aber auch dankbar.

Als ich 2004 startete, gab es kaum Blogs für deutschsprachige Mütter, geschweige denn für Eltern. Die Amerikaner waren uns weit voraus: Sie diskutierten Stillprobleme, gaben Windeltipps und tauschten sich über die besten Frapuccinos aus – und darüber, warum die USA die schlechteste Familienpolitik überhaupt hatten.

Ein neues Kapitel

Die Bedeutung solcher Erfahrungsberichte für frischgebackene Mütter wurde mir spätestens bewusst, als ich mit meinem Baby vom Krankenhaus nach Hause kam. Plötzlich war ich nicht mehr Frau Sassine, nicht mehr die politisch und beruflich interessierte Person, selbstständig und fähig. Ich war Mutter. Nur noch Mutter – für jeden und alles.

Die Werbung schickte mir nur noch Prospekte für Still-BHs und Babybreie. Die Medien füllten meinen Briefkasten ausschliesslich mit Abo-Angeboten für Elternmagazine. Selbst mein soziales und berufliches Umfeld interessierte sich plötzlich mehr für meinen Schlafmangel und meine Gewichtszunahme als für politische Diskussionen oder berufliche Themen. Und ja, das hat mich wirklich genervt. Sehr sogar. Denn bloss weil ich ein Kind hatte, war ich doch nicht ein anderer Mensch. Ich war doch immer noch ich!

Und was macht eine Schreibende in solchen Momenten? Sie kreiert ihre eigene Plattform, Internet sei Dank. Als rabenmutter.ch zur gleichen Zeit wie der Mamablog des «Tages-Anzeigers» ins Leben gerufen wurde, dachte ich zunächst, das sei Pech. Doch letztendlich war es auch Glück, denn plötzlich wurde das Format in der Schweiz überhaupt zum Thema.

Harte Kommentare und unbequeme Fragen

Ich musste sehr schnell lernen, mit Kritik umzugehen, denn ein Blog namens «Rabenmutter» bietet viel Angriffsfläche. Doch die Vehemenz, mit der mir der Kommentatoren-Wind entgegenblies, überraschte mich anfangs dann doch.

Eltern und Nicht-Eltern rieten mir, meine Kinder zur Adoption freizugeben, als ich einen Text darüber schrieb, wie Eltern täglich lügen müssen. Oder dass ich mich schämen soll, weil ich allein in die Ferien fahre und die Kinder bei Freunden lasse. Aber am häufigsten wurde ich gefragt: «Warum wolltest du überhaupt Kinder, wenn du sie fremdbetreuen lässt?»

Ja, warum eigentlich? Darauf habe ich bis heute keine klare Antwort. Was treibt uns dazu an, Kinder zu wollen? Ist es die biologische Uhr? Die Anziehungskraft süsser Babys? Oder die Angst vor Einsamkeit im Alter? Eines ist sicher: Ich hätte mir ein Leben ohne Kinder durchaus vorstellen können – damals wie heute. Aber nicht ohne MEINE Kinder.

Und das ist ja die Krux, wenn man Mutter (oder Vater) ist: Sobald sie da sind, können wir nicht mehr ohne sie sein. Also gründet man einen Blog, um über alles zu schreiben, was eben nicht nur rosa flauschig herzig ist, sondern eben auch anstrengend, mühsam und manchmal einfach nur Sch…!

Erkenntnisse aus zwei Jahrzehnten

Mir zumindest hat das Schreiben in den letzten 20 Jahren geholfen, nicht den Verstand zu verlieren, die Flinte nicht ins Korn zu werfen, niemanden aus meiner Familie umzubringen – und ganz viel über mich selbst zu lernen. Zum Beispiel, dass ich entgegen meinen Erwartungen doch einen Unterschied zwischen Sohn und Tochter mache, wenn es ums Ausgehen und Freiheiten geht. Oder dass ich ohne meine Mutter schlicht nicht überlebt hätte, geschweige denn meinen Beruf hätte ausüben können. Meine Freundinnen haben mich durch viele schwierige Momente getragen, und wir haben viel über unsere Unzulänglichkeiten gelacht. Und vor allem: dass ich immer wieder von Neuem mit meinem Mann anfangen würde, inklusive Kind und Kegel.

Ich verabschiede mich also mit einem lachenden und einem weinenden Auge und wünsche allen frischgebackenen Eltern ganz viel Unterstützung in Form von Grosseltern, Freunden, Blogs und Büchern. Denn der Mensch ist nicht dafür gemacht, das alles allein durchzustehen.