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AKW Mühleberg erhält unbefristete Bewilligung

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Kurt Rohrbach, CEO der BKW musste nach Fukushima Rede und Antwort stehen.
Der Kernmantel des AKW Mühleberg.
Freude ohne Jubel: BKW-Chefin Suzanne Thoma wird von Kommunikations- chef Martin Schweikert über das Endergebnis informiert.

Das AKW Mühleberg kann nun doch unbefristet weiterbetrieben werden. Das Bundesgericht in Lausanne hat dem Atomkraftwerk am Gründonnerstag eine unbefristete Betriebsbewilligung erteilt. Damit hat der Berner Energiekonzern BKW einen Sieg errungen.

Die Richter in Lausanne haben mit ihrem Entscheid die Beschwerde der Kraftwerkbetreiberin BKW und des Uvek gutgeheissen. Nach Ansicht des Gerichts genügt zur Gewährleistung der Sicherheit die Aufsicht des Nuklearsicherheitsinspektorats, das über die grösste Fachkenntnis verfüge. Die Richterentscheid fiel mit 4:1 aus. Skandalös aus Sicht der AKW-Gegner: Sie müssen der BKW 50'000 Franken Parteientschädigung zahlen.

Bundesgericht wirft dem Bundesverwaltungsgericht Willkür vor

Das Bundesgericht kritisierte in der öffentlichen Beratung insbesondere das Urteil der Vorinstanz scharf. Zu dem vom Bundesverwaltungsgericht verlangten umfassenden Instandhaltungskonzept sagte ein Bundesrichter, ein solches Konzept zu verlangen, entbehre teilweise jeglicher gesetzlichen Grundlage. So habe das Bundesverwaltungsgericht beispielsweise verlangt, die Kosten für die Nachrüstungen des Atomkraftwerks Mühleberg müssten in diesem Konzept aufgeführt sein. Die wirtschaftliche Rentabilität sei jedoch allein „Sache des Betreibers“. Auch eine Forderung an die BKW, im Konzept darzulegen, wie lange sie denn Mühleberg betreiben wolle, sei nicht legitim.

Dass sich das Bundesverwaltungsgericht auch materiell mit der Sicherheit Mühlebergs auseinandersetzte, passte einigen Bundesrichtern gar nicht. So war im Zusammenhang mit der Beurteilung der Risse im Kernmantel die Rede davon, das Bundesverwaltungsgericht habe entsprechende Gutachten schlicht „willkürlich“ gewürdigt. Darüber hinaus hiess es, das Bundesverwaltungsgericht habe „einen Bauchentscheid“ gefällt.

BVG-Urteil angefochten

Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) hatte im März 2012 entschieden, dass das AKW Mühleberg aus Sicherheitsgründen vorerst nur noch bis Ende Juni 2013 betrieben werden darf. Für eine darüber hinausgehende Bewilligung forderten die Richter in St. Gallen vom Energiekonzern BKW ein Verlängerungsgesuch mit umfassendem Instandhaltungskonzept.

Die BKW kam dieser Forderung im vergangenen August nach und reichte die verlangten Unterlagen beim Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) ein, wo das Verfahren noch hängig ist. Den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts fochten die BKW und das Uvek gleichwohl beim Bundesgericht an.

Fachbehörde weiss es besser

Die II. öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgeraichts hat die Beschwerden an ihrer öffentlichen Beratung Donnerstag nun mit einer Mehrheit von vier zu einer Richterstimme gutgeheissen. Das AKW Mühleberg verfügt damit über eine unbefristete Betriebsbewilligung.

Nach Ansicht der Richter in Lausanne genügt zur Gewährleistung der Sicherheit die laufende Aufsicht des Eidg. Nukelarsicherheitsinspektorats (ENSI). Sowohl das Uvek als auch das ENSI hätten in der Vergangenheit mehrfach dargelegt, dass das AKW Mühleberg für den laufenden Betrieb sicher sei.

Der Richter dürfe von dieser Einschätzung der Fachbehörde nur aus triftigen Gründen abweichen. Das Gericht relativiert damit die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichts in Bezug auf den Zustand des rissigen Kernmantels, die offene Beurteilung der Erdbebensicherheit und die fehlende aareunabhängige Kühlmöglichkeit.

Laufender Prozess

Laut Bundesgericht kann diesen offenen Fragen unter der Aufsicht des ENSI begegnet werden. Dabei gehe es darum, den guten Zustand des Kraftwerks zu erhalten und Nachrüstungen an den aktuellen Stand der Technik vorzunehmen. Dies sei ein laufender Prozess.

Eine Klärung und Lösung der bestehenden Probleme in dem vom Bundesverwaltunsgericht verlangten Bewilligungsverfahren durch das Uvek wäre laut Bundesgericht im übrigen auch nicht zweckmässig.

Zum Einen stehe fest, dass das ENSI über das beste Fachwissen verfüge und sich das Uvek ohnehin auch auf seine Einschätzung stützen müsse. Zudem könne sich das Verfahren beim Uvek wegen der vielfachen juristischen Anfechtungsmöglichkeiten endlos in die Länge ziehen.

Was die Sicherheit des AKW Mühleberg angeht, spielt es nach Ansicht des Gericht im übrigen gar keine entscheidende Rolle, ob diese nun im Aufsichts- oder Bewilligungsverfahren gewährleistet wird

BKW macht nun wirtschaftliche Auslegeordnung

Der Berner Energiekonzern BKW sieht sich nach dem Bundesgerichtsentscheid vom Donnerstag noch nicht am Ziel. Der Konzern ist daran, eine Auslegeordnung zu machen, um zu entscheiden, ob sich die von der Nuklearsicherheitsbehörde geforderten Nachrüstmassnahmen noch lohnen. Diese Arbeiten seien seit einigen Monaten am Laufen, schreibt die BKW in einer ersten Stellungnahme vom Donnerstagmittag.

Der Energiekonzern sieht sich im Übrigen nun mit den anderen Betreibern von Atomkraftwerken in der Schweiz gleichgestellt. Das Kernkraftwerk Mühleberg war bislang das einzige Werk, das eine befristete Bewilligung erhielt. Weitere Einschätzungen will die BKW am Nachmittag abgeben.

Beschwerde von Anwohnern

Auslöser der Kontroverse bildet der Entscheid des Uvek von 2009, dem AKW Mühleberg eine unbefristete Betriebsbewilligung auszustellen. Das Uvek vertrat dabei die Ansicht, dass die Sicherheit des AKW durch die laufende Aufsicht des Eidg. Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) gewährleistet sei.

Das Bundesverwaltungsgericht kam dann auf Beschwerde zahlreicher Anwohner zum Schluss, dass es nicht angehe, ein bereits 40 Jahre bestehendes AKW einfach auf Zusehen hin weiterzubetreiben. Beim AKW Mühleberg seien die offenen Sicherheitsprobleme zu gewichtig, um ihre Behebung nur über die Aufsicht des ENSI sicherzustellen.

Das Kernenergierecht verlange vielmehr eine Befristung, wenn Sicherheitsaspekte ungeklärt oder Mängel nachzubessern seien. Kritisch beurteilt wurden vom Gericht insbesondere der Zustand des Kernmantels, die offene Beurteilung der Erdbebensicherheit und die fehlende aareunabhängige Kühlmöglichkeit.

Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

Das letzte Wort in Sachen AKW Mühleberg ist auch nach dem Bundesgerichtsentscheid noch nicht gesprochen. Voraussichtlich 2014 stimmen die Bernerinnen und Berner über eine Initiative zur Stilllegung des Kernkraftwerks ab.

Die Initiative verlangt die sofortige Abschaltung des Atomkraftwerks. Anfang März schickte die Berner Kantonsregierung einen Gegenvorschlag zur Initiative in die Vernehmlassung. Dieser sieht vor, dass das Werk so rasch wie möglich, spätestens aber 2022, vom Netz gehen soll.

Ebenfalls eine gewichtige Rolle spielen dürften die Abwägungen des Energiekonzerns BKW, ob sich die vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI geforderten Nachrüstmassnahmen für einen Weiterbetrieb von «Mühleberg» über das Jahr 2017 hinaus wirtschaftlich denn überhaupt lohnen.

Seit Ende letzten Jahres zeichnet sich ab, dass die Kosten für die Massnahmen die ursprünglich geschätzten 170 Millionen Franken übersteigen werden. Ein Entscheid in dieser Sache will die BKW nach bisherigen Angaben voraussichtlich bis Ende Jahr fällen.