Der Schaden ist angerichtet: Verschiedene Mitglieder des Berner Regierungsrats haben Kleinstbeträge als Spesen abgerechnet, obwohl sie bereits eine Spesenpauschale von 8000 Franken erhalten. Besonders peinlich ist, dass Regierungspräsident Philippe Müller (FDP) eine Banane für 20 Rappen und ein Laugenbrezeli für 3.20 Franken abgerechnet hat.
Nicht viel besser steht Regierungsrat Christoph Ammann (SP) da. Er lieh sich für den Neujahrsempfang des diplomatischen Korps einen speziellen Hut und einen Schal aus und liess sich die Kosten von 30 Franken vom Kanton vergüten.
Das Verhalten dieser Regierungsräte zeigt eine kleinkrämerische Haltung, während die meisten von den gut verdienenden Regierungsmitgliedern wohl eine gewisse Grosszügigkeit erwarten. Es geht zwar um kleine Beträge, aber es sind Vorgänge, die im Kollektivgedächtnis haften bleiben. Dies, weil sie bei vielen den Eindruck verstärken, dass Führungskräften in der Politik – und auch in der Wirtschaft – das Gespür fehlt.
In dieser Geschichte, die der «Kassensturz» von SRF recherchiert hat, steht die Kantonsregierung auch kommunikativ schlecht da. Die Mitglieder des Regierungsrats gingen auf Tauchstation und liessen nur schriftlich verlauten, dass alles gesetzeskonform und gerechtfertigt sei. Regierungspräsident Philippe Müller hat es verpasst hinzustehen.
Mit der Berner Finanzaffäre der 1980er-Jahre lässt sich die Angelegenheit indes nicht vergleichen. Damals ging es um heimliche Zahlungen an berntreue Institutionen. Zudem wurden Vergnügungsreisen aus dem Lotteriefonds beglichen. Und ein Regierungsrat liess seinen Privatwagen in der kantonalen Garage reparieren.
Die heutigen Mitglieder des Regierungsrats sind dagegen insgesamt keine Spesenritter. Das zeigen die Gesamtzahlen der einzelnen Direktionen. Der höchste Betrag, den eine Direktion in den Jahren 2018 bis 2021 verrechnet hat, liegt bei 4200 Franken. Nur in acht Fällen rechnete eine Direktion in dieser Zeitspanne mehr als 1000 Franken pro Jahr ab. Und die Regierungsmitglieder Christoph Neuhaus (SVP), Christine Häsler (Grüne) und Evi Allemann (SP) sowie die 2022 zurückgetretene Finanzdirektorin Beatrice Simon haben in gewissen Jahren gar keine Spesen abgerechnet.
Die Geschichte zeigt dennoch Handlungsbedarf auf: Der Regierungsrat ist gefordert, sein Spesenreglement anzupassen und die Abrechnung von kleinen Beträgen nicht mehr zuzulassen. Die Kosten, die für die Bearbeitung solcher Belege anfallen, sind meist grösser als der ausbezahlte Betrag. Das ist ineffizient. Zudem ist es sinnvoll, wenn die Kantonsregierung sich einmal im Jahr über ihre Spesenpraxis unterhält.
Umgekehrt darf diese Geschichte nicht dazu führen, dass die Mitglieder des Regierungsrats künftig niemanden mehr zum Mittagessen einladen. Ein solcher Austausch kann oft im Interesse des Kantons sein. Und in der Kantonsverwaltung soll es auch nicht so spartanisch zu- und hergehen, dass die Regierungsräte ihren Gästen keinen Kaffee mehr anbieten können. Bei den Spesen ist es wie bei vielen anderen Dingen im Leben: Ein gesundes Augenmass hilft, viele Probleme zu lösen.
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Kommentar zum Spesengebaren – Die Kleinkrämer in der Kantonsregierung
Mit der Abrechnung von Kleinbeträgen als Spesen sorgen Mitglieder des Berner Regierungsrats für Empörung. Es fehlt ihnen an Augenmass.