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Kakao- und ZuckerknappheitSchoggi wird teurer – wegen eines Wetterphänomens

Verantwortlich für die hohen Preise von Zucker und Kakao sind Natur und Spekulanten: Arbeiter leeren Säcke mit Kakaobohnen in einer Schokoladenfabrik in Abidjan in der Elfenbeinküste.

Schlechte Nachrichten für alle, die Süsses mögen: An den Finanzmärkten spielen derzeit die Preise für Zucker und Kakao verrückt. Beide haben jüngst ein langjähriges Hoch erreicht.

Der Schweizer Schoggihersteller Lindt & Sprüngli vermeldete am Dienstag, er habe durch Preiserhöhungen gegensteuern können. Sprich: Schoggi ist teurer geworden. Den mengenmässigen Absatz hätten die höheren Preise nicht geschmälert. Das freut die Aktionäre. Und zeigt: Die Konsumentinnen und Konsumenten sind vorerst bereit, mehr für Schokolade zu bezahlen.

Bei der Migros, die sowohl Markenprodukte als auch Schoggi aus der eigenen Industrieproduktion verkauft, wurde Schokolade bereits im vergangenen Jahr teurer. Coop bezeichnet die Preislage bei Kakao und Zucker als «angespannt». Bei den Schokoladenprodukten der Eigenmarken hat der Detailhändler gemäss einem Sprecher keine oder nur geringe Preisanpassungen vorgenommen. Das bedeutet aber auch, dass Schoggi von Markenherstellern in den Coop-Regalen teurer geworden ist.

Einer der stärksten Preisanstiege aller Rohstoffe

Der meistgehandelte Kakao-Terminkontrakt in New York mit Fälligkeit im September erreichte mit gut 3400 Dollar pro Tonne jüngst das höchste Niveau seit 2015. Seit Jahresbeginn sind die Preise in Dollar gerechnet um 59 Prozent gestiegen. Kakao weist damit einen der stärksten Preisanstiege unter den börsengehandelten Rohstoffen in diesem Jahr auf. In London wurde zeitweise gar der höchste Preis seit 46 Jahren aufgerufen.

Etwas weniger stark ist der Anstieg in Franken gerechnet, weil die Schweizer Währung sich gegenüber dem Dollar deutlich aufgewertet hat.

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Verantwortlich für die hohen Preise sind Natur und Spekulanten. In Westafrika, wo fast 80 Prozent des weltweiten Kakaos produziert werden, hat es in den vergangenen Wochen überdurchschnittlich stark geregnet. In den bedeutendsten Produktionsländern Elfenbeinküste und Ghana fürchten die Bauern nun Krankheiten an ihren Kakaobäumen, die ihre Ernten und die Qualität der Kakaobohnen schmälern.

Mit Sorge blicken sie zudem auf das heranziehende Wetterphänomen El Niño, das weltweit Wetterextreme hervorruft und in Westafrika oft mit anhaltender Trockenheit einhergeht. Auch El Niño, so die Befürchtung, könnte kommende Ernten stark beeinträchtigen.

Die Folgen sind schon erkennbar. In den Häfen der Elfenbeinküste sind im laufenden Erntejahr fast 5 Prozent weniger Kakao als im Vorjahreszeitraum angekommen. Die Produktion von Kakao bleibt bereits im zweiten Jahr hinter der Nachfrage zurück. Die Vorräte sind auf dem niedrigsten Stand seit vier Jahrzehnten angelangt. Die Internationale Kakao-Organisation hat ihre Prognose für ein weltweites Defizit von 60’000 Tonnen jüngst auf 142’000 Tonnen erhöht.

Kakao ist ein beliebtes Spekulationsobjekt

An der Londoner Börse führte die drohende Knappheit bereits zu panikartigen Käufen von Schokoladenherstellern. Die hochschnellenden Preise wecken böse Erinnerungen an das Jahr 2010. Ein gewisser Anthony Ward, einst Chef der European Cocoa Association, hatte damals für einen Hedgefonds des Londoner Kakaounternehmens Armajaro auf einen Schlag 240’000 Tonnen Kakao eingekauft, fast das gesamte europäische Angebot.

Der Deal hatte den Kakaopreis auf den höchsten Stand seit 1977 getrieben, doch der Plan des Spekulanten ging schief, weil danach ein weltweites Überangebot die Preise wieder fallen liess. Ward ging letztlich als «Chocfinger» in die Geschichte ein, eine Anlehnung an den James-Bond-Bösewicht Goldfinger.

Ein Kakaobauer in Akati in der Elfenbeinküste. Viele afrikanische Farmer fürchten derzeit um ihre Ernten.

Bereits im vergangenen Jahr, als das britische Pfund sehr schwach war, kauften Spekulanten kräftig in London ein. Sie hielten auf Wertpapieren zwischenzeitlich 2,4 Millionen Tonnen Kakao. Das entspricht der Hälfte der weltweiten Jahresernte. Allein im vergangenen Jahr wurde an Börsen – gemessen am Transaktionsvolumen – 41-mal die Welternte gehandelt. Oder anders gesagt: Jede Tonne Kakao wechselte auf dem Papier 41-mal den Besitzer, bevor sie als Schokolade im Supermarkt landete.

Zucker ist so teuer wie seit elf Jahren nicht

Gleichzeitig sind die weltweiten Zuckerpreise – in Dollar gerechnet – auf den höchsten Stand seit elf Jahren gestiegen. In Franken ist es ein 7-Jahre-Hoch. Hauptursache ist schlechtes Wetter, das in wichtigen Erzeugerländern wie Indien, China, Pakistan und Thailand grosse Ernterückgänge bei Zuckerrohr verursachte. Zudem verzögerte sich der Erntebeginn im wichtigsten Anbauland Brasilien.

Wie beim Kakao wird die nächste Ernte durch El Niño bedroht. Das könnte die Preise noch viel höher treiben. In Europa wiederum lassen die geringeren Anbauflächen eine kleinere Zuckerrübenernte erwarten. Gemäss der International Sugar Organization stammen vier Fünftel der weltweiten Zuckerproduktion aus Zuckerrohr, ein Fünftel aus Rüben.

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Kakao und Zucker werden knapp – geht also bald die Schokolade aus? Diese Gefahr sehen Schweizer Schoggihersteller vorerst nicht. «Versorgungsengpässe wurden uns bislang keine gemeldet», sagt Urs Furrer, Direktor von Chocosuisse, dem Verband Schweizerischer Schokoladefabrikanten. Doch weil neben Kakao und Zucker auch Verpackungen deutlich teurer geworden seien, habe dies bereits in den letzten Monaten zu Preiserhöhungen bei Schokoladenprodukten geführt.

Mit einem weiteren Preisschub ist zu rechnen. Wie sich die Preise für Schokolade in den nächsten Monaten entwickeln, hänge ausser von der Nachfrage in den verschiedenen Märkten von der weiteren Entwicklung der Zucker-, Kakao- und Verpackungskosten ab, sagt Furrer.

«Es ist eher mit Auf- statt Abschlägen zu rechnen.»

Migros-Sprecher

Der weltgrösste Schokolade- und Kakaohersteller Barry Callebaut mit Hauptsitz in Zürich reicht die höheren Rohstoffpreise an seine Kunden weiter. Zu diesen gehören die grössten Süsswarenhersteller wie Nestlé, Cadbury und Hershey. «Wir haben mit unseren Industriekunden ein sogenanntes Cost-Plus-Preismodell vereinbart», sagt eine Sprecherin von Barry Callebaut. «Sprich: Preisänderungen bei Rohwaren, Transport und Energie geben wir weiter.» Nestlé hält sich bedeckt dazu, ob sie ihre Schokoladenprodukte, zu denen Marken wie Kitkat und Smarties gehören, verteuern wird.

Die Migros rechnet mit weiteren Preisanstiegen bei Kakao und Zucker. Das dürften die Konsumentinnen und Konsumenten erneut spüren. «Es ist eher mit Auf- statt Abschlägen zu rechnen», sagt ein Sprecher.

Konsumentinnen und Konsumenten werden für Schokolade also mehr Geld ausgeben müssen – nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit. Allerdings könnte das dazu führen, dass die Leute langfristig weniger Schokolade essen, weil sie ihnen zu teuer ist.

Solange sie aber weiter Schoggi kaufen, gibt es Profiteure der hohen Preise. Das sind in erster Linie Spekulanten und Exporteure. Die westafrikanischen Kleinbauern, die einen Grossteil der Kakaobohnen produzieren, sind es eher nicht. Viele von ihnen werden weiterhin an der Armutsgrenze leben.